Stimmen zum Buch

Sehr geehrter Herr Pohle,
[…] Der Bundespräsident hat mit großem Interesse in Ihrem Buch »Wenn lang die Bilder schon verblassen …« geblättert und gelesen. Besonders der Briefwechsel aus den 1980-er Jahren zwischen der Dokumentarfilmgruppe Brettheim und dem Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker hat ihn sehr interessiert. Dass in seiner Folge Unrecht aus den letzten Kriegstagen 1945 aufgedeckt und zu einem Ende gebracht werden konnte, ist ihm besonders tröstlich, zeigt es doch in beeindruckender Weise, wie wichtig das gemeinsame Tun von Bevölkerung und Politik ist, wenn es um die Aufarbeitung der dunkelsten Stunden unserer deutschen Geschichte geht.

Zu diesen gehören leider auch die erschütternden Erlebnisse von Salle Fischermann. Ist es nicht immer wieder erstaunlich, wie es die Opfer von einst sind, die es über sich bringen, nicht nur in der Sprache der Täter über ihr Leid zu reden, sondern auch noch Hoffnung zu schenken, dass auch aus solch düsterer Zeit Kraft und Mut geschöpft werden können, vielleicht sogar: müssen, um die Zukunft besser zu gestalten?

Der Bundespräsident ist beeindruckt von der Arbeit Ihrer Schülerinnen, die auf dem Nordischen Filmfestival eine so außerordentliche Ehrung erhalten hat.
Er wünscht Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Vorhaben … Diesen Wünschen schließe ich mich gerne an.

Dr. Heiko Holste, Leiter des Arbeitsstabs Historische Grundsatzfragen: Erinnern und Gedenken
Bundespräsidialamt Berlin

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»Wenn lang die Bilder schon verblassen …« – es sind viele Gedanken, die einen bewegen, wenn man diese außergewöhnliche Dokumentation über 40 Jahre Filmarbeit mit den Schülern und Schülerinnen der Rothenburger Oskar-von-Miller Realschule liest. Ich möchte mich nun aber auf zwei Aspekte beschränken, die mir besonders wichtig erscheinen:

Die Arbeiten befassen sich mit äußerst emotionsbehafteten, schwierigen geschichtlichen und gesellschaftspolitischen Themen, die viele Erwachsene überfordert hätten. Umso mehr beeindruckt die Sensibilität und Ausdauer, mit der sich die Jugendlichen diesen Aufgaben gewidmet und diese umgesetzt haben. Daraus sind zutiefst berührende Filmdokumente entstanden, die zu Recht zahlreiche Ehrungen erfahren haben.

Walter Hartl (ehemaliger Oberbürgermeister von Rothenburg ob der Tauber)

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Das dokumentarische Sachbuch »Wenn lang die Bilder schon verblassen…« von Thilo Pohle ist auf mehreren Ebenen ein herausragendes und für Menschen aller Generationen überaus wichtiges und einmaliges Werk.
Es beschreibt die Bilanz der Schulfilmgruppe »doku« der Realschule Rothenburg ob der Tauber über neun Schülergenerationen und 40 Jahre hinweg. Die Teilnehmer/innen dieses Projekts schufen von 1981 bis 2021 insgesamt über 30 Dokumentarfilme. Etliche davon wurden mit Preisen u.a. dem renommierten Profifilmpreis des Lübecker Dokumentarfilmpreises ausgezeichnet.

Das vorliegende Sachbuch beschreibt und erklärt auf 200 Seiten in leiser, aber dennoch klarer und letztlich eindringlicher Weise die Filmarbeit mit Schüler/innen zu regionalgeschichtlichen Themen (insbesondere dem 3. Reich) sowie internationalen Filmprojekten, in denen die Schüler/innen auf einmal durch ihre Arbeit selbst ein kleiner Teil der regionalen Geschichte und sogar der Weltgeschichte werden.

Zunächst fasst das Buch die Inhalte der wichtigsten Filme kurz zusammen. Mindestens so spannend und interessant zu lesen sind aber die »backstage«-Berichte des Autors unter der Überschrift »Was wir mit dem Film erlebt haben«. Hier schildert er, wie es die Schülerfilmgruppe geschafft hat, die Menschen und ihre Geschichten zu finden und welche kleinen und großen Begebenheiten sich durch das »Dreh-Setting« in der Interaktion zwischen den Beteiligten vor und hinter der Kamera abgespielt haben. Dieser zweite Teil ist mindestens so interessant zu lesen wie die Filminhalte selbst – zeigen diese Begebenheiten doch die Erweiterung der Erinnerungen, gespiegelt in den Gesichtern der Jugendlichen hinter der Kamera. Nicht selten waren die porträtierten Menschen zu der Zeit, an die sie sich vor laufender Kamera in ihren Erzählungen erinnern, wohl in ähnlichem Alter wie die Jugendlichen der Filmgruppe. Diese Konstellation schafft eine besondere Verbindung, die für die Zuschauer/innen der Filme wahrnehmbar ist.

Mit zahlreichen Fotos von Menschen, die an den Filmprojekten in verschiedensten »Rollen« vor und hinter der Kamera beteiligt sind sowie vielen Originaldokumenten, wird »Wenn lang die Bilder schon verblassen…« für den Leser/die Leserin noch anschaulicher und interessanter.

Dieses Buch bewegt durch die sehr unterschiedlichen Schicksale, Geschichten und Perspektiven von Menschen. Alle der im Buch zusammengefassten Filme porträtieren diese Menschen in bestechender Klarheit, filmischer Einfachheit im positiven Sinne und großer Authentizität. Dabei verzichten alle »doku«-Filme der Schülergruppe auf Hintergrundkommentare bzw. Bewertungen – der Zuschauer (und damit auch der Leser) wird mit in die Erinnerungen und das Schicksal der Hauptpersonen hineingezogen, so dass die Geschichten Zuschauer/innen und Leser/innen zunächst sprachlos hinterlassen und noch lange im Kopf nachklingen. Vielleicht passiert das unter anderem, weil die Filme und auch das Buch den Zuschauer/den Zuschauerinnen und den Leser / die Leserin auf verschiedenen Ebenen Empathie empfinden lassen und so echtes Interesse an den Menschen und ihren Schicksalen entsteht. Echtes, ehrliches Interesse einerseits eben an den Menschen, die ihre Erinnerungen mit großer Aufrichtigkeit und innerer Größe teilen und andererseits an den Mitgliedern/innen der Schulfilmgruppe. Wie mag es sich als Jugendlicher anfühlen, diese Menschengeschichten aus erster Hand zu hören – meist von Menschen, die eher am Ende ihres Lebens stehen und zurückblicken?

Es ist sehr klar im Buch (und allen Filmen) zu erkennen, dass über die vergangenen 40 Jahre für die Filmarbeit in diesem Projekt immer die Freiwilligkeit, die eigene Motivation und die Würde sowohl der Filmer als auch aller Gefilmten im Vordergrund stand und steht.

»Wenn lang die Bilder schon verblassen…« schließt eine thematische Lücke zwischen wissenschaftlicher Geschichtsforschung und menschlichen Einzelschicksalen, die Teil der Geschichte sein mussten und es bis heute sind.

Durch Projekte wie dieses kann es gelingen, den Opfern ein kleines Stück ihrer Würde zurückzugeben. Was für ein Glück, dass es jetzt das dokumentarische Buch dazu gibt!

Eli Hirsch, 22. Februar 2021
(Die Lehrerin Eli Hirsch ist Projektkoordinatorin bei der Jugendbegegnung Bayern – Israel)

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Was für ein Lichtblick in der Tristesse unserer pandemischen Zeiten! Was für eine Klatsche ins hass- und wutentbrannte Gesicht der neuen Cheerleader des Antisemitismus! Das Buch über die Filmprojekte der Oskar-von-Miller-Realschule sollte Pflichtlektüre sein und die Filme Pflichtauflage gegen den toxischen Zeitgeist mit seiner ins Lächerliche reduzierenden Metaphorik und seinen dumpfen Verschwörungstheorien.

Wie erfreulich, dass die Dokumentarfilmgruppe ein spirituell und historisch unterversorgtes Bildungssystem mit einer kreativen Generation aufrüstet, die aufgeklärt mit korrigierten Fakten eine neue Zukunft aufbaut. Mit dem Instrumentarium der Kamera decken diese Filme die Vergangenheit akribisch auf und lassen sie unverfänglich mit der unwiderleglichen Stimme der Zeitzeugen Revue passieren.

Statt Zeremonienkultur, Prunkrede und kostenlosem Lippenbekenntnis steht im Lehrkonzept der aktivierte kritische Akteur, der dem selbstherrlichen »cogito« das »cogitamus« entgegensetzt. Solidarische Verantwortung als Prämisse für vielstimmige Demokratie. Immer wieder wird der Finger in die Wunde gelegt und der blinde Fleck exponiert. In einer Spaßgesellschaft mit dem Wohlgefühlimperativ »Genieße!« fordern diese Filme heraus, sind Charakterprüfung und offene Tür und Fenster zum kritischen Nachdenken. Sie zeigen schonungslos das Angstregime mit seinen Lebenslügen und unerträglichen Grausamkeiten wie in den Filmen über Brettheim, Oradour und Theresienstadt.

Diese Filme sind Paradebeispiele einer empörten Generation auf der Suche nach geschichtlicher Wahrheit. Wer gegen die Lügen nicht angeht, stärkt nur die Dreistigkeit des Lügners. Die Folge des Wegduckens zeigt uns die hässliche, menschenverachtende Fratze des dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte.

Widerstand zeigt sich auf verschiedenen Bühnen, aber die Filmgruppe zeigt, keine Bühne ist schlagkräftiger und unwiderleglicher als die überführende Kamera.

Mein Respekt vor der Unermüdlichkeit eines zu bewundernden Engagements dieser Filmschülerinnen und Filmschüler der Oskar-von MillerRealschule aus Rothenburg und verbindlicher Dank für Thilo Pohles gelungenes Buch, dem ich zusammen mit den Dokumentarfilmen viel Erfolg und lebhafte Medienresonanz wünsche.

Professor Gunter Klabes, Vassare College, New York,
begleitete über Jahrzehnte amerikanische Studenten auf ihrer Deutschlandexkursion zum Bereich Kultur und Geschichte

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Liebe Filmschülerinnen und Filmschüler der Dokumentarfilmgruppe,

der Inhalt von eurem Buch war so bewegend, dass ich immer wieder Pausen eingelegt habe. Ich finde, dass ihr mit dieser sich über Jahrzehnte hinziehenden Arbeit sowohl hier bei uns als auch im Ausland mehr Wirkung erzielt habt als alle anderen Geschichtslehrer in unserer Generation, zumindest soweit ich das überblicken kann. Sicher gibt es darunter viele, die sich bei der Vermittlung gerade der Zeit des Nationalsozialismus große Mühe gegeben haben, doch ihr seid mit eurem Engagement weit über das Wissen hinaus gegangen, das uns die Geschichtsbücher zur Verfügung stellten. Dieses Suchen und Auffinden von Zeitzeugen, bevor es endgültig und für immer unmöglich ist, das habe ich beim Lesen eures Buches immer wieder bewundert. Nehmt es also einfach hin, wenn ich sage, dass ich mich vor dieser Leistung in Bewunderung verneige. (Soll eigentlich nicht so pathetisch klingen, ist aber so).

Zu manchen Aktionen, die ihr schildert, gehörte Glück; ihr erwähnt aber nicht, dass zu einigem auch Mut gehörte. Chapeau kann ich da nur sagen.

Dorothea Schmidt

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Die Schüler der Dokumentarfilmgruppe erbrachten eine große Leistung, sie halfen den Menschen, die die NS-Zeit miterleben mussten, indem sie sich deren Geschichte anhörten und ihnen ihre Last dadurch ein wenig abnahmen. Es ist bemerkenswert, dass so junge SchülerInnen es schafften diese Filme zu drehen, und sich damit unserer Geschichte zu stellen, die der Einfachheit halber oftmals lieber totgeschwiegen wird.

»Wenn lang die Bilder schon verblassen« löste bei mir Betroffenheit aus: gegenüber den Menschen, die diese tragischen Ereignisse miterleben mussten, gegenüber den Toten, die unschuldiger Weise sterben mussten und gegenüber den Kindern, die in dieser Zeit groß werden mussten. Um ehrlich zu sein bestürzten mich unzählige Szenen aus dem Buch, unter anderem die Nachkriegsprozesse. Dass das Dorf Brettheim selbst im Laufe der Prozesse immer mehr zum Angeklagten wurde anstatt, dass die längst überfällige Gerechtigkeit der Justiz gegenüber der SS erfolgte.

Ebenfalls bestürzt war ich, als ich vom Tod des 10-jährigen Jungen Horst und des Mädchens Renate Moll aus Brettheim las, Kinder, die ihr ganzes Leben noch vor sich hatten. Wieder hatte der Krieg unschuldige Leben gefordert. Ich kann mir nicht mal annähernd vorstellen, wie schlimm es für die Eltern der toten Kinder sein musste, zu wissen, dass sie überlebt hatten, ihre Kinder aber nicht.

Leonie Mach, 16 Jahre
Theresien-Gymnasium Ansbach

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Es ist höchst interessant auf diese Reise mitgenommen zu werden, zu hören, wie sich die Menschen gefühlt haben bzw. es noch tun, welche Folgen diese Zeit mit sich gebracht hat und im Allgemeinen Gesichter und die jeweiligen Geschichten zu kennen. Das Thema wird oftmals im Alltag behandelt und aufgegriffen, aber dennoch ist es für einen selbst manchmal etwas abstrakt, da man es nur aus den Geschichtsbüchern hört, in welchen die Gefühle und Gedanken der Leidenden seltener erwähnt werden.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich es als äußerst aufschlussreich, berührend und interessant empfunden habe dieses Buch gelesen zu haben. Dieses Buch zeigt: Jeder von uns kann ein Stück dazu beitragen diese Welt zu einem besseren Ort zu machen, indem wir nicht wegschauen, sondern uns bewusst damit befassen. Man kann die Vergangenheit nicht mehr verändern, aber wir können eine bessere Zukunft schaffen.

Diren Kahraman, 16 Jahre
Theresien-Gymnasium Ansbach

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Vor allem das Kapitel über die Freundschaft und die Dokumentation von Oradour erinnern mich an den eigenen Geschichtsunterricht. Beim Lesen ging mir der Gedanke nicht aus dem Kopf, was die Film- und Recherchearbeit für die Schülerinnen und Schüler sowie die begleitenden Erwachsenen ausgelöst haben muss.

Das Buch hat von keiner Widerstand leistenden Person erzählt, die mich nicht beeindruckt hat. Eine Geschichte, die mir beim Lesen des Buches nicht mehr aus dem Kopf gegangen ist, ist die von Carola Oberndörfer (Anm. d. Red: eine Rothenburger Jüdin). Die Geschichte zeigt auf, wie schwer es für viele war, ihre Heimat und ihre Familie zu verlassen. Diese persönliche Schilderung und die Stärke, die Frau Oberndörfer nach so einem Schicksal noch in sich trägt, um dann in einer Dokumentation darüber zu sprechen, ist schwer beeindruckend.

Luis Beyerbach, 17 Jahre
Reichsstadtgymnasium Rothenburg

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SchülerInnen arbeiten filmisch seit 40 Jahren an einem großartigen Versöhnungswerk

– dass sich leidtragende Zeitzeugen der NS-Zeit FilmschülerInnen öffnen und auf diese Weise Mut bekommen, ihre Erfahrungen ihren Enkeln zu erzählen
– dass dadurch Opfern eine Stimme gegeben wird
– dass durch die Forschungsarbeit der SchülerInnen Gerichtsurteile aufgehoben werden müssen, die im Nachkriegs-Deutschland NS-Täter zunächst freigesprochen hatten

Die Recherchen der SchülerInnen machen aus dem Buch »Wenn lang die Bilder schon verblassen« ein staunenswertes und berührendes Buch:

Eine Mut machende Schulbuch-Lektüre für projektbezogenen Geschichts-Unterricht, um Vergangenheit für die Zukunft festhalten!

Peter Noack
Redner bei der Brettheimer Trauerfeier am 10. April 2009
Rothenburg ob der Tauber

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Liebe Filmschüler

Die Wirksamkeit, die Geschichten entfalten, die aus dem Munde von Zeitzeugen stammen, ist eine andere als die, die uns Stereotype historischer Ereignisse vermitteln. Das nur »Gewusste« hält die Betrachtenden auf Distanz. Euer engagiertes Eingreifen, Aufdecken und Nachfragen bricht die Geschichte auf und macht sie zugänglich.

Mich hat darum auch ganz besonders eines bewegt, das mit Eurer Arbeit verbunden war: die Tatsache, dass ihr so viele Freunde gewonnen habt.

 Euer Tun wird nicht als rein sachliches Vorhaben oder eine schulische Recherche wahrgenommen, sondern als menschliche Begegnung, eine Begegnung, die einen versöhnlichen Charakter hat, der es nicht in erster Linie um Schuld oder Verhängnis geht.

Euer Elan, die Region zu verlassen und Euch weiteren europäischen Ländern und anderen Kontinenten zuzuwenden, zeigt euere Verbindung mit der Weltgeschichte.

Volker Amrhein
Projektleiter des europäischen Generationen-Dialogs